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Büchertipps / Rezensionen



Titelbild
Siegfried Weischenberg/ Maja Malik/ Armin Scholl:

Die Souffleure der Mediengesellschaft
Report über die Journalisten in Deutschland

Das Buch basiert auf zwei Studien zum deutschen Journalismus, es zeichnet ein präzises Bild des journalistischen Selbstverständnisses in der Mediengesellschaft




Der Souffleur im Theater, für die Zuschauer unsichtbar im Kasten das Geschehen auf der Bühne dirigierend und gesprochene Texte redigierend, ein schönes Bild für den Journalismus. Auch die Autoren einer vergleichenden Studie, eines Report über die Journalisten in Deutschland, lieben Metaphern, sind aber klug genug, diese sparsam zu verwenden. Diese Untersuchung wurde 1993 erstmals durchgeführt, um mittels der konventionellen Fragebogentechnik einen umfassenden Einblick in die Medienwelt zu erhalten und schließlich durch eine weitere Untersuchung 2005 zu vergleichen.

Zunächst: Der Band enthält unzählige wichtige Erkenntnisse über einen Berufstand, der, wenn er nicht gerade im ARD-Presseclub agiert, doch eher abgeschirmt und selbstreferentiell erscheint. Kein Wunder, dass er in der Wertschätzung bei der Bevölkerung am untersten Ende rangiert. Dies hatte man zwar schon geahnt, dass die Statistik ihn aber noch hinter dem Offizier anordnet, erstaunt aber doch. So bekommt der Slogan, "Ich bin Wagner", wie die Bild-Kolumne verkündet, völlig neue Facetten. Da ist zunächst der Medienadel, Jauch, Christiansen, Schirrmacher, Leyendecker, Jörges und wie sie alle heißen, die, wenn sie nicht gerade PR in eigener Sache – und gelegentlich auch ungeniert für die Wirtschaft - machen, oft genug Berichterstattung mit eigenen Interessen verweben. Das Buch belegt eindrucksvolle Beispiele, z.B. die Verwicklung des Oberlehrers Günther Jauch in die Fälscheraffäre Born bei Stern-TV (RTL). Oder die unsägliche "Du bist Deutschland"-Kampagne, von der damaligen rot-grünen Bundesregierung und Bertelsmann inszeniert. Hier gehen die Autoren unbestechlich zur Sache, die politischen Präferenzen bleiben allerdings meist ziemlich nebulös, gibt doch jener Wagner, von dem bereits die Rede war, der als Chefredakteur der Bunte einst seine Redakteure bis in die Nacht als Geiseln genommen hatte und angeblich im Monat 230 Mal gegen die Arbeitszeitverordnung verstoßen hat, in einem kürzlich gesendeten TV-Porträt seine Nähe zur CSU unumwunden zu. Im Schatten dieser Alphatiere, wie die Autoren sie nennen (ein Begriff aus der Verhaltensforschung, der problematisch erscheint), arbeiten unzählige (ca. 48.000) meist freie Journalisten, die sich oft nur mit einem zweiten Standbein über Wasser halten können. Diese Situation hat sich seit der ersten Untersuchung 1993 deutlich verschärft! Nach wie vor liegt der gewerkschaftliche Organisationsgrad bei 56 Prozent, was nicht weiter verwunderlich erschiene, stellen doch diese Verbände (DJV und DJU) neben den Verlegern die Journalistenausweise aus. Interessant in diesem Zusammenhang eine Verbandskrise im DJV, von welchem die Autoren berichten, als der Bundesverband den Berliner und Brandenburger Landesverband zeitweise ausschloss, weil es dort nach einer Eintrittswelle neuer Mitglieder angeblich zu manipulierten Vorstandswahlen gekommen war. Es solle sich hier um eine "feindlichen Übernahme" durch eine sich selbst als nationalliberal bezeichnenden Gruppe gehandelt haben. Nebenbei: Frontal 21 vom 14.03.06 berichtete von Bundeswehrsoldaten, die in Sarajewo mit Presseausweisen ausgestattet, um der dortigen Bevölkerung Seriosität vorzugaukeln, nach Terrornetzwerken forschen. Wo die wohl herkommen?

Methode und Moral, Merkmale und Einstellungen, Tätigkeiten und Zufriedenheit, Leitmedien und Public Relations, nichts wird ausgelassen. Alles in allem die wohl gründlichste, schonungsloseste und bemerkenswerteste Analyse, die je über den Journalismus gemacht wurde. Im Anhang sind Erläuterungen zur Untersuchungsmethode, Fragebögen und statistische Ergebnisse abgedruckt.

RezensentIn: Adi Quarti

Erschienen bei Universitätsverlag Konstanz 2006, 19,90 Euro.


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