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Büchertipps / Rezensionen



Titelbild
Angelika Beier/ Kai Eicker-Wolf et al. (Hg.):

Investieren, sanieren, reformieren?
Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der schwarz-roten Koalition

Ein Tagungsband aus dem Umfeld des hessischen DGB, in dem kritisch-fundiert die wirtschafts- und sozialpolitische Kontinuität der CDU-CSU-SPD-Bundesregierung unter Merkel analysiert wird




Die schwarz-rote Koalition betreibt eine Politik der Kontinuität, vergleicht man sie mit der vorangehenden rot-grünen Koalition - und es ist keine gute Kontinuität. Der Sozialabbau geht in unvermindertem Tempo weiter, eine grundlegende Wende in der Wirtschaftspolitik ist unterblieben, der Druck auf die Löhne größer denn je. Diese Feststellungen sind weder sonderlich neu noch sind sie überraschend, und doch ist es gut, dies empirisch gut belegt in lesbarer Form präsentiert zu bekommen.

Im Mai diesen Jahres veranstaltete der DGB Hessen eine Tagung zur Wirtschafts- und Sozialpolitik der CDU-CSU-SPD-Bundesregierung. Aus dieser Tagung heraus ist nun ein Tagungsband erschienen, der ausführliche Fassungen der Referate enthält und diese ergänzt durch weitere thematisch relevante Texte. Entstanden ist ein Buch, das zu lesen all jenen empfohlen sein sollte, die noch immer an das soziale Gewissen der SPD glauben - und auch jenen, die dies nicht (mehr) tun, die aber nach empirischen Fakten suchen, um ihre Position zu untermauern.

Die Aufsätze des Bandes behandeln alle wesentlichen wirtschafts- und sozialpolitischen Bereiche - von der makroökonomischen Politik über Verteilungspolitik und Arm-Reich-Gegensätze, Lohnpolitik, demografische Entwicklung, Renten-, Gesundheits- und Pflegepolitik bis hin zur Bildungspolitik. Die Zusammenhänge zwischen diesen verschiedenen Politikfeldern erschließen sich dabei eher implizit: So schildern Kai Eicker-Wolf und Achim Truger, wie die GroßkoalitionärInnen die Haushalte einer Haushaltskürzung nach der anderen unterwerfen, wodurch letztlich die Sozialkürzungen im Renten-, Pflege- und Bildungsbereich verursacht werden. Eine Ursache, die - wie so oft in diesen Tagen - als naturnotwendig und alternativlos hingestellt wird, die aber nicht einfach nur verfehlte Politik, sondern eine ideologische Unterwerfung unter den Götzen Markt darstellt. Dass es auch anders geht, zeigt Cornelia Heintze in ihrem Aufsatz über das skandinavische Wirtschafts- und Sozialmodell. Dieses ist zwar weder sozialistisch, noch kann es sich von den arbeitnehmerfeindlichen Entwicklungen in Europa abschirmen. Doch bewahrt es der Sozialstaatlichkeit eine weitaus breitere Basis, als dies viele anderswo wahrhaben wollen.

Die Augen vor der Realität verschließen aber nicht nur die, die Alternativen zur gängigen Sozialabbau- und Lohnsenkungs-Politik nicht sehen wollen. Gar ihre eigene Realität konstruieren sich die Mahner ob der vermeintlich gefährlichen demografischen Entwicklung, die in Deutschland und Europa die Renten zunehmend unfinanzierbar machten. Dass dem nicht so ist, zeigt Joachim Fischer in seinem Aufsatz über "die Folgen der demographischen Entwicklung in Deutschland". Gerade weil er die Zahlen nimmt, mit denen auch die VertreterInnen der Demographie-These jonglieren, lässt sich nachweisen: weder zur Panikmache noch zu Rentenkürzungen oder zur Umstellung des Rentensystems auf Kapitalbasis besteht Grund. Durchatmen und nachdenken - dies möchte man denjenigen empfehlen, die den RentnerInnen und ArbeitnehmerInnen hierzulande in die Tasche lügen, um den Unternehmen in die Tasche zu wirtschaften.

Alles in allem bietet der Tagungsband eine fundierte, umfassende Gesamtdarstellung der schwarz-roten Wirtschafts- und Sozialpolitik, die sich mit Gewinn lesen lässt. Gerade dass er heiß diskutierte Themen sachlich und nüchtern aus einer gewerkschaftlichen Perspektive betrachtet, macht ihn so wertvoll.

RezensentIn: Jan Peter Althoff

Erschienen bei Metropolis Verlag 2006, 22,80 Euro.


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