Mahmood Mamdani:
Guter Moslem, böser Moslem
Amerika und die Wurzeln des Terrors
Eine detaillierte und komplexe Analyse der US-Außenpolitik, die zugleich immer auch Geopolitik ist und entsprechende Folgen zeitigt
Der kalte Krieg und die Wurzeln des Terrors sind das Thema einer ausführlichen Studie des Professors an der Columbia-Universiät in New York, Mahmood Mamdani. Als geborener Inder, in Afrika aufgewachsen, geht ihm jedoch jener koloniale Blick, den Edward Said in seinen Werken demaskierte, völlig ab. Was hat zum Erstarken des Fundamentalismus beigetragen, egal ob in Saudi-Arabien oder in den Vereinigten Staaten selbst? Die „wiedergeborenen Evangelisten“ etwa, nun, der amerikanische Präsident Bush und Teile seiner Administration, wie vor ihm Reagan und Carter, sind bekennende Evangelisten. In den USA sind diese immer wieder durch Anschläge auf Abtreibungsärzte hervorgetreten. Aber auch die Attentäter von Oklahoma City im April 1995, bei dem 168 Menschen starben, gehen auf das Konto von rechten amerikanischen Fundamentalisten: Den Golfkrieg-Veteranen Timothy McVeigh und Terry Nicholson. Mike Davis hat in Lettre International (Sommer 2006) diesen Aspekt der Geschichte ausführlich analysiert. Mamdani geht anders vor, er untersucht ausführlich die Außenpolitik der USA nach dem Vietnamkrieg, geht der Finanzierung von Stellvertreterkriegen auf den Grund- und den Verwicklungen der CIA in diese. Kokain, Contras und die CIA in Nicaragua der 80er Jahre, oder der Iran-Contra-Skandal. Als Höhepunkt des Kalten Krieges schließlich Afghanistan: „Sowohl die Contras in Nicaragua als auch später in Afghanistan Al-Qaida (und die Taliban) waren amerikanische Alliierte im Kalten Krieg. Die Unterstützung dieser Kräfte zeigte die Entschlossenheit, den Kalten Krieg „mit allen nur denkbaren Mitteln“ zu gewinnen. Das konnte nichts anderes bedeuten, als dass auch unlautere Mittel in Frage kamen. Der 11. September, das Ergebnis einer Allianz, die aus dem Ruder gelaufen ist, muss in erster Linie als Hypothek des Kalten Krieges verstanden werden“.
Der Autor ist kein Verschwörungstheoretiker, sondern ein ausgezeichneter Kenner der amerikanischen Außen- und Innenpolitik, er nennt Namen, Geheimdienstinternas und Netzwerke. Und zwar sowohl auf der pro-westlichen, als auch auf der pro-islamischen Seite. So ist er auch in der Lage, die Geschichte nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts bis heute nachzuzeichnen, die geprägt ist vom Übergang des „Konflikts niederer Intensität“ zur offenen Aggression. Er zitiert den ehemaligen Justizminister der USA und Kritiker der Bush-Administration, Ramsey Clark, aus einem Brief an die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats: „Die USA haben Verträge zurückgewiesen, die auf eine Kontrolle von Atomwaffen und ihre Weitergabe abzielen, sie haben gegen das Protokoll votiert, das die Inkraftsetzung der ”Konvention über biologische Waffen” ermöglicht, sie haben den Vertrag zurückgewiesen, der Landminen verbietet, sie haben versucht, die Schaffung des Internationalen Gerichtshofs zu verhindern und ihn seit seinem Bestehen in seiner Wirksamkeit unterminiert, und schließlich haben sie sich der UN-Kinderrechtskonvention ebenso verweigert wie einem Verbot, Kinder in Kriegen einzusetzen. Die USA haben sich praktisch jedem Vorstoß, Kriege zu kontrollieren oder einzudämmen, die Umwelt zu schützen, die Armut zu bekämpfen und die Gesundheit zu fördern, widersetzt“. Der Dreh- und Angelpunkt des Nahostkonflikts ist das besondere Verhältnis der USA zu Israel, welches im Nahen- und Mittleren Osten zu Kollektivstrafen und ständiger Mißachtung des internationalen Rechts führt. Eine sehr detaillierte, komplexe Analyse der gegenwärtigen Geopolitik, ein Buch zur rechten Zeit!
RezensentIn: Adi Quarti
Erschienen bei Edition Nautilus 2006, 19,90 Euro.
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