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Büchertipps / Rezensionen



Titelbild
Arbeitsstelle Frieden und Abrüstung (Hg.):

Am Hindukusch und anderswo
Die Bundeswehr - Von der Wiederbewaffnung in den Krieg

Ein übersichtlich zusammenfassender Sammelband zur militaristischen Tradition und zur interventionistisch-aggressiven Gegenwart der deutschen Militärpolitik




Deutschland will wieder wer sein, seine Verteidigung findet heute schon am Hindukusch und überall sonst in der Welt statt. Die Remilitarisierung und Renationalisierung der deutschen Außenpolitik, nach der Annexion der DDR 1990 von der Linken befürchtet, wurde zunächst von Schwarz-Geld, danach mit Riesenschritten von Rot-Grün massiv vorangetrieben. Der vorliegende Band "Am Hindukusch und anderswo", von Ulrike Gramann, Ralf Siemens und Michael Behrendt redaktionell betreut, widmet sich auf 207 Seiten den Traditionen, Ideologien, politischen Manövern, Euphemismen, Lügen und Brutalitäten, mit denen dieser Prozess verbunden war und ist. In insgesamt 15 Aufsätzen werden die verschiedensten, mit deutscher Militärpolitik zusammenhängenden Themenkomplexe aus Vergangenheit und Gegenwart angeschnitten: Von der Verlogenheit des Konzeptes der so genannten "Inneren Führung", dem Verhältnis der Bundeswehr zur nazistischen Wehrmacht und ihrer heutigen Traditionspflege über die bundesdeutschen Militärausgaben, Militärjustiz bis hin zu rechtlichen, organisatorischen, politischen und technologischen Aspekten der aggressiven Aufrüstung werden alle relevanten Entwicklungen thematisiert.

Neben Martin Singes Aufsatz zur militaristischen Verfolgung friedenspolitischer Aktivitäten durch die bundesdeutsche Justiz ist dabei insbesondere der Aufsatz von Andreas Zumach hervorzuheben. Zumach, UN-Experte und einer der wichtigsten journalistischen Köpfe der Friedensbewegung, legt überzeugend dar, dass das Streben Deutschlands nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat in engem Zusammenhang mit seiner Remilitarisierung gesehen werden muss - Deutschland also längst wieder eine aggressive internationale Machtpolitik, diplomatisch wie auch militärisch, betreibt.

Die aggressive Machtpolitik, die Deutschland neuerdings wieder führt, steht in einem zwiespältigen Verhältnis zur militaristischen Tradition. Während sich das offizielle Polit-Deutschland von den militaristischen Ideologien und Exzessen des Wilhelminismus und insbesondere des Nazismus distanziert, distanzieren sich Militärpolitik und Bundeswehr weit weniger eindeutig von den ausführenden Tätern aus Reichswehr und Wehrmacht. Zwei Aufsätze - von Jakob Knab und von der Gruppe "Offene Linke - Alles für Alle" - verweisen nachdrücklich hierauf hin.

"Am Hindukusch und anderswo" leistet eine kompakte, gut zu lesende Übersicht über die militärpolitische Vergangenheit und Gegenwart Deutschlands im Herbst 2005. Der Regierungswechsel hin zur Großen Koalition konnte dabei zwar keine Berücksichtigung mehr finden, was der Informationsfülle allerdings keinerlei Abbruch tut. Zu mokieren ist lediglich das schlechte Lektorat, das offensichtlich in einigen Aufsätzen Rechtschreibfehler und sprachliche Holprigkeiten übersah. Davon abgesehen, handelt es sich um einen überzeugenden Sammelband.

RezensentIn: Jan Peter Althoff

Erschienen bei PapyRossa 2005, 13,90 Euro.


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